Allgemeine Hinweise zum Aufenthalt in Japan (6)

Glauben Sie es – oder glauben Sie es nicht: Japan ist gar nicht so kompliziert!

VI. Gute Sitten beim Besuch religiöser Orte

Flagge-Japans

Gleich vorweg eine Mahnung an all diejenigen, die bunte Bilder sehen wollen: Hier gibt es keine! Dafür um so mehr Text. Das ist der Preis, der nun mal zu bezahlen ist, wenn man wenigstens ein paar grundsätzliche Dinge über Japan lernen möchte und sich das Vermeiden vermeidbarer Fettnäpfchen auf die Fahnen geschrieben hat. Als Besucher in einem fremden Land sind Sie – ob Sie das nun mögen oder nicht – immer Botschafter Ihres Heimatlandes. Sie werden nicht dafür bezahlt, aber entsprechend verhalten können Sie sich trotzdem.

Damit Sie wissen, worauf Sie sich mit diesem Artikel einlassen, hier ein kurzes Inhaltsverzeichnis (die einzelnen Punkte erheben natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sollen aber doch verdeutlichen, dass es so gut wie keine Hürden gibt, die nicht spielend genommen werden könnten – Ergänzungswünsche werden gern entgegen genommen):

Inhaltsverzeichnis

1) Ein paar Grundsätze für das menschliche Miteinander

1.1 Respekt ist Teil des Systems

1.2 Freundlichkeit und Höflichkeit – beteiligen Sie sich daran

1.3 Keine Angst vor Kontakten

1.4 Unaufdringlichkeit ist Trumpf

2) Klischees

2.1 Klischee Nr. 1: Das wohlbekannte Verbeugungsritual

2.2 Klischee Nr. 2: Der Austausch von Visitenkarten

2.3 Klischee Nr. 3: Japaner zeigen keine Gefühle

3) So vermeiden Sie ein paar Fettnäpfchen

3.1 Schuhe ausziehen!

3.2 Essstäbchen sind gar nicht so unpraktisch

3.3 Es muss nicht immer Stoff sein

3.4 Genießen Sie japanisches Essen – aber bitte nicht, wo sie gehen und stehen

4) Ein kleiner Crashkurs vor der Japanreise

5) Erdbeben und andere (Natur-)Katastrophen

5.1 Verhalten im Falle eines Erdbebens

5.1.1 Und was Sie schon lange vor einem etwaigen Erdbeben tun können

6) Gute Sitten beim Besuch religiöser Orte

6.1 Besonderes zu shintōistischen Schreinen

6.1.1 Betreten des Schreingeländes

6.1.2 Reinigung vor Betreten des inneren Schreinbezirkes

6.1.3 Entrichtung eines Obulus in den Opferstock

6.1.4 Fotografieren an und in Schreinen

6.1.5 Essen, Trinken und Rauchen

6.1.6 Fürbitte, Glücksbringer und Orakel

Wenn Ihnen das einen groben Eindruck von dem verschafft hat, was hiermit auf Sie zukommt, kann’s ja weiter gehen mit dem sechsten und vorerst letzten Teil dieser Artikelserie:

6) Gute Sitten beim Besuch religiöser Orte

Natürlich ist es selbstverständlich, dass man sich an religiösen Orten angemessen verhält. Was als „angemessen“ erachtet wird, unterscheidet sich allerdings von Kulturkreis zu Kulturkreis. Wenn Sie die eingangs erwähnten Grundformen des Respekts und der Zurückhaltung wahren, werden sie auch an religiösen Orten keinen Anstoß erregen. Allerdings werden die Einheimischen es anerkennen, wenn sie – unabhängig von Ihren eigenen religiösen Überzeugungen – bestimmte Rituale des Bezeugens Ihres Respekts einhalten.

6.1 Besonderes zu shintōistischen Schreinen

Sie werden sehr schnell spüren, dass die Atmosphäre an shintōistischen Schreinen – verglichen mit dem oft fast jahrmarktmäßigen Treiben auf den Geländen buddhistischer Tempel – ruhiger und „getragener“ ist. Auch wenn es niemand von Ihnen verlangen und man Ihnen als Ausländer ihre Unkenntnis auch nicht nachtragen wird, machen Sie selbst jeden Schreinbesuch zu einem besonderen Erlebnis, wenn Sie Ihre Stimmung dem Ort anpassen.

6.1.1 Betreten des Schreingeländes

Beginnen Sie deswegen schon mit dem Betreten des Schreingeländes mit „angemessenem“ Verhalten. Vor dem Durchschreiten des den Zugang zum Schreingelände markierenden Tores (鳥居 / とりい / torii) verbeugen Sie sich einmal in Richtung Schrein – tun Sie dies auch wieder, wenn Sie das Schreingelände verlassen.

6.1.2 Reinigung vor Betreten des inneren Schreinbezirkes *

Zeigen Sie Ihren Respekt vor dem Ort und den Menschen, die eine religiöse Verbindung mit ihm eingehen wollen, indem Sie ihn „gereinigt“ betreten.
Hierzu finden Sie vor dem Zugang zum eigentlichen Schreingelände überdachte Waschbecken mit Schöpfkellen vor. Der Reinigungsvorgang ist denkbar einfach (auch wenn er “gelesen” vielleicht ein bisschen kompliziert klingt):

  1. Nehmen Sie eine der Schöpfkellen in die rechte Hand und füllen Sie sie reichlich mit Wasser.
  2. Spülen Sie mit einem Teil des Wassers zunächst ihre linke Hand ab.
  3. Danach wiederholen Sie diesen Vorgang, indem Sie die Schöpfkelle in die linke Hand nehmen und mit einem weiteren Teil des Wasser ihre rechte Hand abspülen.
  4. Geben Sie anschließend etwas Wasser aus der Schöpfkelle in Ihre linke Hand und spülen Sie damit Ihren Mund aus.
  5. Danach spülen Sie noch einmal ihre linke Hand ab.
  6. Der zum Schluss in der Kelle verbleibende Rest des Wassers sollte vor dem Zurücklegen am Stiel der Schöpfkelle herunterlaufen und damit auch diesen noch einmal reinigen.

Achten Sie bitte darauf, dass Wasser, das mit Ihrem Körper in Berührung gekommen ist, nicht in das Wasserreservoir, aus dem es geschöpft wurde, zurück gelangt. Außerdem ist es gut, wenn Sie – wie unter 3.3 (Es muss nicht immer Stoff sein) bemerkt – ein Stofftuch zur Hand haben, an dem Sie Ihre Hände anschließend abtrocknen können.

* Ähnliche Vorrichtungen gibt es übrigens auch an einigen buddhistischen Tempeln.

6.1.3 Entrichtung eines Obulus in den Opferstock

Sollten Sie sich dazu entschließen, im Schrein Fürbitte zu sprechen und einen Obulus in den Opferstock zu werfen, halten Sie auch hierbei ein paar ganz einfache Regeln ein:

  1. Werfen Sie Ihre Spende in den Opferstock.
  2. Verbeugen Sie sich zweimal vor dem Opferstock.
  3. Klatschen Sie zweimal in die Hände
  4. Verbeugen Sie sich ein weiteres Mal

6.1.4 Fotografieren an und in Schreinen

Es gehört übrigens nicht zum „guten Ton“, im Inneren von Schreingebäuden in direkter Linie in Richtung des Zentralheiligtums des Schreins zu fotografieren. Gegen Fotos von der Seite wird hingegen in aller Regel nichts eingewendet (sofern Ihnen Hinweisschilder nichts Gegenteiliges vermitteln). Außerdem gilt als Faustregel: Sobald Sie sich in Schreinen unter einem Dach befinden, sollten Sie das Fotografieren unterlassen.

6.1.5 Essen, Trinken und Rauchen

Dass man es auf den Geländen von Schreien ganz grundsätzlich unterlässt zu essen, zu trinken oder zu rauchen, versteht sich praktisch von selbst. Größere Schreine, wie z.B. der Meiji-Schrein in Tōkyō, bieten den ganz Ausgehungerten und Verdursteten allerdings Einrichtungen, wo nicht nur das religiöse, sondern auch das körperliche Heil bedacht wird.

6.1.5 Fürbitte, Glücksbringer und Orakel

Ein anderer Brauch, der an shintōistischen Schreinen gepflegt wird, und der ein bisschen an die Gebets- und Fürbittetafeln in katholischen Kirchen erinnert, ist das Darbringen von sogenannten Ema (絵馬 / えま). Hierbei handelt es sich um meist kleine, hölzerne Tafeln, die an den Devotionalienständen des jeweiligen Schreins erstanden werden können. Diese Tafeln werden mit persönlichen Wünschen oder Danksagungen beschriftet (die Sprache spielt keine Rolle – die Götter des jeweiligen Schreins sind polyglott) und können entweder an entsprechenden Ema-Ständern auf dem Schreingelände angebracht oder auch mit nach Hause genommen werden.

Außerdem besteht an vielen Schreinen die Möglichkeit, den Göttern des jeweiligen Schreins Briefe des Dankes oder der Fürbitte zu schreiben, sogenannte „Kiganbun“ (祈願文 / きがんぶん). Auch hier kann auf die Vielsprachigkeit der Götter vertraut werden. Üblicherweise sind diese Briefe – zusammen mit einer Geldspende – in einem Umschlag in einen entsprechenden „Briefkasten“ einzuwerfen.

Besonders beliebt (auch als Mitbringsel von der Reise) sind die an Schreinen (aber natürlich auch an buddhistischen Tempeln) verkauften Glücksbringer oder besser: Amulette (御守 / おまもり / omamori). Sie gibt es für jeden nur erdenklichen Zweck, wie z.B. zum Schutz vor Verkehrsunfällen, für die Gesundheit, für beruflichen oder schulischen Erfolg.

Ihren Schutz gewähren diese Amulette in erster Linie dann, wenn man sie bei sich trägt – und das sollte man dann auch tun, bis sie ihren Zweck erfüllt haben. Einige Talismane werden in kleinen Stofftäschen verkauft; diese Täschen sollten nicht geöffnet werden.

Mindestens ebenso beliebt sind die Orakelzettelchen (おみくじ / omikuji), deren Inhalt sich meist an dem Geburtsjahr desjenigen ausrichtet, für den das Orakel befragt wird. Ähnlich unseren Horoskopen, beschränken sich die Orakel meist auf grundsätzliche, wohlmeinende Ratschläge.

Zu den anderen Kapiteln dieser Artikelserie gelangen Sie über das Inhaltsverzeichnis oben.

9 Responses to Allgemeine Hinweise zum Aufenthalt in Japan (6)

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  4. […] Allgemeine Hinweise zum Aufenthalt in Japan (6) […]

  5. […] Kaisertreuen wichtigen, sondern auch an einem spirituellen, vielen gar heiligen Ort. Was Sie auf dieser Webseite vielleicht schon bei anderer Gelegenheit „gelernt“ haben, sollte auch hier angewendet werden. […]

  6. […] is also a spiritual one and sacred for quite a few. What you may have learned about such places on this website (if you are able to read and understand German) comes in handy now: You won’t have to worry […]

  7. […] Aber natürlich gilt hier, wie an anderen religiösen Orten Japans (namentlich an shintōistischen Schreinen): Lassen Sie Atmosphäre auf sich wirken, versuchen Sie, den Kontrast zwischen brodelnder Moderne und gelebter Tradition in sich aufzunehmen. Und wenn Sie dann auch noch ein dem Ort angemessenes Verhalten an den Tag legen, haben auch die Götter ihren Gefallen daran. Sollten Sie sich unsicher bezüglich des Verhaltens sein, schauen Sie doch noch mal hier vorbei: “Allgemeine Hinweise zum Aufenthalt in Japan: Gute Sitten beim Besuch religiöser Orte“. […]

  8. […] of the German language, have a look here: “Allgemeine Hinweise zum Aufenthalt in Japan: Gute Sitten beim Besuch religiöser Orte“. Should you require a translation, let me […]

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