Manpuku-ji (萬福寺) in Masuda (益田) (dt.)

8. April 2020

Wo Kunst, Kultur und historische Umbrüche aufeinandertreffen

Manpuku-ji (萬福寺)

Manpuku-ji (萬福寺)

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Die Präfektur Shimane (島根県 / しまねけん) steht – jenseits des berühmten Izumo Taisha (出雲大社 / いずもたいしゃ) – nicht unbedingt ganz oben auf der Liste derjenigen, die Japan zum ersten Mal besuchen. Dabei weiß die Präfektur nicht nur mit atemberaubenden Landschaften zu begeistern, sondern hält auch jede Menge historischer Orte und großer Kunstwerke bereit.

Heute sehen wir uns den Manpuku-ji (萬福寺 / まんぷくじ) in Masuda (益田 / ますだ) an, der als einer der ältesten Tempel in dieser Region gilt (zumindest, was seine Gründungslegende anbelangt), gleichzeitig aber auch einzigartige Kunstwerke sein Eigen nennt und in den Tagen größter historischer Umbrüche in Japan einmal eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt hat. Er ist außerdem wichtiges Kulturgut Japans.

Ursprünglich soll der Manpuku-ji unter dem Namen Anfuku-ji (安福寺 / あんふくじ) an einem anderen Ort (Nakasuura / 中州浦 / なかすうら) während der Heian-Zeit (794-1184) gegründet worden sein, war aber 1374 hierher verlegt worden, wo die Herren von Masuda ihren Sitz hatten.

Historische Bedeutung errang der Tempel in der Endphase der Herrschaft der Tokugawa Shōgune, als hier die Streitkräfte des Shōgunats lagerten. Sie waren 1866 zu einer Strafexpedition gegen das aufständische Chōshū-Lehen (長州藩 / ちょうしゅうはん) (heute: Präfektur Yamaguchi) aufgebrochen. Nachdem die Truppen des Shōguns anfangs noch erfolgreich waren (z.B. Bombardement von Suō-Ōshima / 周防大島 / すおうおおしま – heute ebenfalls in der Präfektur Yamaguchi gelegen), wurde sehr schnell klar, dass ihre altertümlichen Waffen und Ausrüstungen den modernisierten Truppen der Aufständischen nur wenig entgegenzusetzen hatten. Die Strafexpedition endete in einem militärischen Desaster für die Kräfte des Shōguns. Nach dem frühen Tod des 14. Tokugawa Shōguns (Tokugawa Iemochi / 徳川家茂 / とくがわいえもち) im Jahre 1866 gelang es dem 15. und letzten Tokugawa Shōgun (Tokugawa Yoshinobu / 徳川慶喜 / とくがわよしのぶ) zwar noch, einen Waffenstillstand auszuhandeln, aber die Niederlage schwächte das Ansehen des Shōgunats irreparabel. Seine militärischen Protzereien hatten sich als Papiertiger erwiesen, und es stellte sich heraus, dass das Shōgunat den Domänen seinen Willen nicht mehr aufzwingen konnte. Viele Historiker sehen die Niederlage in dieser Strafexpedition als einen der letzten Nägel am Sargdeckel des Tokugawa Shōgunats.

Leider ist die Umgebung des Tempels in diesen Tagen des Juni 1866 auch stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Truppen des Shōguns setzten ein Tor des Tempels in Brand – Gefolgsleute des Masuda-Clans, die die Chōshū-Soldaten unterstützten, löschten wieder.

Die Haupthalle des Tempels ist seit dem Jahre 1904 als wichtiges Kulturgut Japans anerkannt. Sie wurde 1374, in der frühen Muromachi-Zeit, erbaut und verströmt auch heute noch die Atmosphäre der Kriegerzeit im Mittelalter. Naturkatastrophen und Kriegswirren hat sie ohne wesentlichen Schaden überstanden. Die hier verehrte Statue des Amitabha (Amida-Buddha) stammt noch aus Zeiten vor der Errichtung der „neuen“ Haupthalle.

Zu den Hauptsehenswürdigkeiten des Manpuku-ji zählen:

Sesshūs Garten (萬福寺雪舟庭園 / まんぷくじせっしゅうていえん)

Dieser als „landschaftliche Schönheit Japans“ anerkannte Garten soll vor etwa 500 Jahren von Tōyō Sesshū (雪舟等楊 / せっしゅうとうよう) (der aus der Samurai-Familie Oda / 小田 / おだ stammte, später aber den Künstlernamen „Sesshū“ angenommen hat) angelegt worden sein, einem Malermönch, der die japanische Tuschemalerei zur Perfektion brachte. Er gilt als einer der bekanntesten japanischen Meister seines Fachs.
Den Garten könnte man als Sinnbild der Zen-buddhistischen Welt nehmen. Die großen Felsen des Steingartens sind so arrangiert, dass der „Shumisen“-Stein das Zentrum und den höchsten Punkt bildet. Der Berg Shumisen (須弥山 / しゅみせん) gilt als das buddhistische Zentrum der Welt. Der Teich, um den sich der Steingarten erstreckt hat (wenn man ganz genau hinschaut – auf meinen Fotos leider nicht zu erkennen) die Form des chinesisch-japanischen Schriftzeichens für „Herz“ oder „Sinn“ (心 / こころ).

Wer drei Tage im Voraus reserviert, kann hier seinen grünen Tee (Matcha / 抹茶 / まっちゃ) mit einer formvollendeten Süßigkeit genießen und dabei den Blick über den Garten schweifen lassen.

Schatzkammern des Manpuku-ji

Der Manpuku-ji verfügt über zwei Schatzkammern, in denen Statuen, Bilder, Dokumente, eine Sänfte, mit der die Hauptpriester den kaiserlichen Hof in Kyoto besuchten, und Schädel von Erdbebenopfern ausgestellt sind.

Der auffälligste und wahrscheinlich auch wichtigste Ausstellungsgegenstand ist eine Nachbildung von des Bildes „Niga Byakudō“ (二河白道 / にがびゃくどう) (frei übersetzt: „zwei Flüsse und ein weißer Weg“ oder „weißer Weg zwischen zwei Flüssen“) – des weißen Weges, der zum westlichen Paradies führt. Das Werk stammt aus der Kamakura-Zeit (1185-1333) und ist als wichtiges nationales Kulturgut ausgewiesen. Das Original des Bildes ist ebenfalls vorhanden, kann aber nur an 30 Tagen im Jahr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Manpuku-ji (萬福寺)

Manpuku-ji (萬福寺) – Niga Byakudō“ (二河白道)

Adresse:

25-33 Higashimachi
Masuda
Shimane 698-0004

Öffnungszeiten des Manpuku-ji:

8.30 Uhr bis 17:00 Uhr (gemäß Faltblatt des Tempels: im Sommer bis 17.30 Uhr)

Eintrittsgebühr:

Erwachsene: 500 Yen
16 bis 18-Jährige: 300 Yen
15-Jährige und Jüngere: frei
(ab 20 Personen gibt es für jede Person einen Nachlass von 100 Yen)

Parkplätze für einen Bus und 15 PKW vorhanden.