Sanddünen von Tottori (鳥取砂丘)

9. August 2017

Die Sahara, mitten in Japan?

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘)

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Sand, soweit das Auge reicht – hoch aufgetürmte Dünen – azurblauer Himmel – tiefblaues Meer. Das sind in etwa die Zutaten, die – richtig gemischt – einen Ort ergeben, den man sich an vielen Orten dieser Welt vorstellen könnte. Aber ganz gewiss nicht in Japan.

Dass es in der Präfektur Tottori (鳥取県 / とっとりけん) einiges zu sehen gibt, was man in dieser etwas entlegeneren Weltgegend nicht vermuten würde, hatte ich vor ein paar Monaten schon angekündigt (weiterführende Links siehe am Ende dieses Artikels). Die Dünen von Tottori (鳥取砂丘 / とっとりさきゅう) gehören ganz bestimmt dazu. Und im Zusammenhang mit dem Sand-Museum von Tottori (砂の美術館 / すなのびじゅつかん) hatte ich ja auch schon auf sie hingewiesen.

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘) – Eingangsbereich

Aber, sie zu erwähnen und sie in natura zu sehen – dazwischen liegen Welten, oder, wie in diesem Fall: die beeindruckendsten Sanddünen, die Japan kennt. Schon allein ihre flächenmäßige Ausdehnung ist beachtlich: 16 km von Westen nach Osten und gut 2 km von Süden nach Norden. Von diesen Abmessungen gleich auf eine Dünenlandschaft von über 30 Quadratkilometern zu schließen, griffe allerdings zu kurz. Die ursprünglich wesentlich ausgedehnteren unberührten Sandlandschaften, die bis kurz nach dem 2. Weltkrieg noch mehr als doppelt so weitläufig waren wie heute, wurden im Zuge des Zwangs, den Boden anderweitig zu nutzen, zum allergrößten Teil in Acker- und Weideland umgewandelt. Teile der größten Stadt der Präfektur, ihrer Hauptstadt Tottori (鳥取市 / とっとりし) sind auf ehemaligem Dünengrund gebaut.

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘)

Im Grunde ist der Teil des Dünensystems, der heute als „Tottori-Düne“ bekannt ist, die „Hamasaka-Düne“ (浜坂砂丘 / はまさかさきゅう), die es immerhin auf eine atemberaubende Ausdehnung von 545 Hektar (lies und sprich: 5,45 qkm) bringt. Teil dieses Abschnitts ist die gewaltigste Düne des gesamten Gebietes, die Pferderücken-(馬の背 / うまのせ)-Düne. Und hier ist es auch, wo die Touristen staunenden Auges durch den Sand stapfen. Teilweise umschlossen von dieser Düne wird die sogenannte oder auch „Oasis“ (オアシス), die sich über 5430 qm ausdehnt und deren See üblicherweise mehr als 1,40 Meter tief ist. Höhenunterschiede im Dünenbereich betragen übrigens bis zu 90 Metern. Lassen Sie sich von der Mickrigkeit der Bilder hier nicht in die Irre leiten: Der Anblick ist in natura um Klassen eindrucksvoller!

Aber woher kommen diese ganzen Sandmassen, die sich hier wie ein regelrechter Fremdkörper ausnehmen? Nun, man könnte es kurz fassen: Der Sand hatte Zeit, sich hier niederzulassen. Genau genommen 100.000 Jahre. Das begann damit, dass vor 100.000 Jahren der Meeresspiegel einige Meter höher war als heute, die Gegend um die Stadt Tottori eine Bucht war und sich dort Sedimente abgelagert haben. Als der Meeresspiegel während der Eiszeit dramatisch sank, tauchten diese Sedimente als Sandinseln aus dem Meer auf. Auf ihnen sammelte sich Flugsand. Und die zahlreichen Vulkane der Region – allen voran der Daisen (大山 / だいせん), im Süden der Präfektur gelegen – trugen ihr Scherflein durch reichlich Vulkanasche bei. Nach der Eiszeit stieg der Meeresspiegel erneut an, die alten Dünen versanken mehr und mehr, allerdings wurden in dieser Region auch neue Sandmassen – u.a. auch vom nahegelegenen Fluss Sendai (千代川 / せんだいがわ) – angeschwemmt. Als die Meeresspiegel wieder sanken, vereinigten sich die alten Dünen mit neuen Dünen – die Landschaft blieb einer ständigen Veränderung unterworfen, die Dünen wurden dabei immer gewaltiger. Allerdings wurde in den letzten Jahren, bedingt durch Wiederaufforstung und Flussregulierungen, der natürliche Nachschub an Sand unterbrochen, weshalb die Dünen heute nicht mehr wachsen.

Die so unantastbar aussehende Sandlandschaft wird aber auch von anderen Einflüssen bedroht. So kam es in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vermehrt zu einer Ausbreitung ursprünglich nicht zur Dünenlandschaft gehörender Pflanzen, die die natürlich Bewegungen des Sandes bedrohten. Wurde in den 80er Jahren noch rüde mit Unkrautvernichter dagegen vorgegangen, hat sich inzwischen die Einsicht Bahn gebrochen, dass auch hierauf kein Segen liegt. Seit 2004 wird von Freiwilligen Unkraut von Hand gejätet – ebenso regelmäßig sorgen Freiwillige dafür, dass die Dünnen von den Hinterlassenschaften ihrer Besucher befreit werden. Denn natürlich sind die Dünen von Tottori ein Touristenmagnet – es sind inzwischen wohl mehr als die vor ein paar Jahren gezählten zwei Millionen Besucher, die alljährlich der Faszination dieser Landschaft erliegen.

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘)

Wem das Wüsten-Feeling noch nicht stark genug ist, bekommt zumindest während der Hauptreisezeiten vielleicht bei einem Ausritt mit den hier gehaltenen Kamelen sein Quantum voll (pro Person 1.300 Yen für einen kurzen Ritt). Außerdem kann man mit Pferdewagen durch die Dünen fahren. Die weiteren Aktivitäten (Paragliding und Sandboarding) seien hier nur erwähnt – das muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er ein einmaliges Naturerlebnis durch zusätzlichen Nervenkitzel verstärken möchte oder nicht.

Wie man hinkommt:

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘) – Lageplan

Am Bahnhof von Tottori können Sie vom Busterminal z.B. den „Loop Kirinjishi Bus“ oder einen Bus der „Sakyū-Linie“ von Bussteig „0“ nehmen. Die Fahrten dauern ca. 20 bis 25 Minuten.

Für Taxifahrten zu den Sand-Dünen müssen Sie mit ca. 2.000 bis 2.500 Yen pro Strecke rechnen.

Tottori Sanddünen (鳥取砂丘) – Parkplatz/Eingang

Google-Maps:

Das Lied zur Düne:

Kaori Mizumori (水森かおり / みずもりかおり) mit ihrem großen Hit “Tottori Sakyû” (Tottori Düne) (鳥取砂丘):

Andere Orte, die Sie in Tottori nicht verpassen sollten:

Tottori Sand-Museum (砂の美術館)
– Eine Weltreise in Sand

Tottori Volkskunst-Museum (鳥取民芸美術館)
– Schauen und Staunen dank Shōya Yoshida

Tottori: Wakasa (鳥取・若桜)
– Schmuckstück, versteckt in den Bergen

Kurayoshi (倉吉)
– Die Stadt der weißen Mauern und roten Dächer

Kotoura-chō (琴浦町)
– Bayerische Stuckmeister, aufgepasst!