1964 der letzte Schrei – aber noch lange kein altes Eisen
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Als Sean Connery (James Bond) 1967 im schnittigen Sportflitzer und Akiko Wakabayashi (Aki) an seiner Seite von Blofelds Schergen gejagt in “Man lebt nur zweimal / You Only Live Twice” aus der Stadt rast, war das Gelände im Stadtteil Setagaya (世田谷区 / せたがやく), das sich heute “Olympiapark Komazawa” (駒沢オリンピック公園 / こまざわおりんぴっくこうえん) nennt, unverzichtbare “location” (wenn auch nur für Bruchteile einer Sekunde) – hier stand damals schon, was vielleicht in der Zukunft mal zum architektonischen Standard werden konnte. Heute wissen wir: Die “Wagnisse in Beton”, zu denen man in den 60er Jahren den Mut hatte, sind inzwischen Stahl und Glas gewichen, aber ihre gelungenen Vertreter haben ihren futuristischen Charme nicht verloren.
Und wenn sich eine Anlage, die einst für die olympischen Sommerspiele 1964 errichtet wurde, anschickt, auch in 2020 noch ihren “Mann” zu stehen, kann man durchaus von Zeitlosigkeit sprechen.
Bei den Bauwerken, die heute im Olympiapark Komazawa zu sehen sind, muss man allerdings etwas weiter ausholen, denn ihre Geschichte reicht noch weiter zurück. Ursprünglich hatten hier schon Sportstätten für die olympischen Sommerspiele von 1940 entstehen sollen (auch für dieses Jahr war die Wahl auf Tōkyō gefallen). Nachdem der 2. Weltkrieg ausgebrochen war, hatte Japan aber sein Recht auf Ausrichtung der Sommerolympiade 1940 allerdings zurückgegeben – die Baupläne wurden seinerzeit nicht umgesetzt.
Heute bietet der Park – neben reichlich Grün – ein paar sehr eindrucksvolle Vertreter der Architektur der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Werfen wir zunächst auf das größte der Sportarenen auf dem Gelände, das “Sportstadion” (陸上競技場 / りくじょうきょうぎじょう), das bei den olympischen Sommerspielen 1964 u.a. für die Vorrunden im Fußball genutzt wurde.
Heute wird es nicht nur für Highschool-Wettkämpfe (wie am Tag meines Besuches) genutzt, sondern auch für Spiele der J-League und andere wichtige Sportveranstaltungen. Das Stadion, das sich in einem tadellosen, ja fast neuwertigen zustand befindet, bietet Platz für 20.010 Zuschauer. Und natürlich wird es auch 2020 wieder zum Einsatz kommen.
Beherrscht wird der Park aber sicherlich von dem Zentralplatz (Chūō Hiroba / 中央広場 / ちゅうおうひろば), auf den im Grunde die ganze Anlage hinläuft. Mit seiner weiten, unbegrünten Fläche von 80 x 215 Meter ist er groß genug, dass ich darauf auch größere Menschenmassen “verlaufen” können.
Dieser weite Platz, der sich in nordnordswestlicher-südsüdöstlicher Richtung zwischen dem Sportstation und der Sporthalle (zu ihr komme ich noch) erstreckt, wird seinerseits dominiert von dem Olympia-Gedenk-Turm (オリンピック記念塔 / おりんぴっくきねんとう). Dieser, an eine japanische Pagode (aber eine unfassbare 12 Stockwerke hohe) erinnernde Turm aus Stahlbeton, ragt 50 Meter in die Höhe und ist wohl das herausragendeste (allerdings natürlich nicht das größte) Gebäude im Olympiagelände. Da der Turm in einem blau gekachelten Wasserbecken steht, könnte man ihn auf den ersten Blick auch für einen etwas eigenartigen Sprungturm halten.
Wie oben erwähnt befindet sich auf der dem Sportstadion gegenüberliegenden Seite des Zentralplates die Sporthalle (駒沢体育館 / こまざわたいいくかん), das einzige Gebäude auf im Olympiapark, dass zumindest von außen einen etwas “in die Jahre gekommenen” Eindruck macht und die Grenzen der Belastbarkeit von Stahlbeton aufzeigt. Innen bietet es aber eine durchaus neuzeitliche, funktionale Halle für die unterschiedlichsten Sportveranstaltungen.
Insgesamt erinnert das Gebäude doch schon so ein bisschen an den städtische Sporthalle von Tōkyō (東京体育館 / とうきょうたいいくかん) im Stadtteil Sendagaya, die in ihrer heutigen Erscheinung auf einen Neubau aus dem Jahre 1991 zurückgeht.
Die Sporthalle von Komazawa bietet 3.875 Zuschauern Platz und beherbergt zusätzlich noch ein Museum mit Artefakten der olympischen Spiele von 1964 (keine Eintrittsgebühr).
Neben verschiedenen Freilicht-Sportplätzen auf dem Gelände des Olympiaparks Komazawa möchte ich folgender Einrichtung Erwähnung tun:
Der “Chiririn”-Platz (チリリン広場 / ちりりんひろば), zwischen Sportstadion und Baseball-Stadion, der als “Kleinkind-Fahrrad-Übungsplatz” (幼児用自転車練習場 / ようじようじてんしゃれんしゅうじょう) eingerichtet ist und dafür auch tatsächlich genutzt wird. Gleich gegenüber gibt es den “Chiririn-Course” (チリリンコース), der auch als Fahrrad-Übungsgelände für Kleinkinder dient – aber eben für die, die sich mit ihrem Fahrrad schon etwas vertrauter gemacht haben oder mit der ganzen Familie mit vierrädrigen Fahrrad-Droschken unterwegs sind.
Wen es jenseits der dicht bewaldeten Außenbezirke des Parks zu einem Treffpunkt zieht, findet ihn im “Rondell” (円形花壇 / えんけいかだん) zwischen dem zweiten Ballsportplatz (駒沢第二球技場 / こまざわだいにきゅうぎじょう) und der Baseball-Arena (駒沢硬式野球場 / こまざわこうしきやきゅうじょう) im Nordwesten des Parks.
Hier schließt sich im nordwestlichsten Zipfel des Geländes auch noch der “Plansch-Teich” (ジャブジャブ池 / じゃぶじゃぶいけ) an, der im Sommer wohl ein besonderes Wasservergnügen für jung und alt darstellt, während meines Besuchs aber in trauriger Weise ausgetrocknet aussah.
Vom Nordwestend des Parks kommt man übrigens auch ganz elegant wieder zurück zur Bahnstation Komazawa Daigakumae (駒沢大学前 / こまざわだいがくまえ), ein Stück entlang der Komazawa Kōen Dōri (駒沢公園通り / こまざわこうえんどおり) in nördlicher Richtung, und dann an der Tamagawa Dōri (玉川通り / たまがわどおり) (die von einer monströsen Hochstraße “geziert” wird), nach rechts, sprich: Osten.
Wie man hinkommt:
Von Shibuya (渋谷 / しぶや) mit der Den’entoshi-Linie (田園都市線 / でんえんとしせん), die sozusagen die Verlängerung der Tōkyō Metro Hanzōmon-Linie (東京メトロ半蔵門線 / とうきょうめとろはんぞうもんせん) bildet, nach Komazawa Daigaku (駒沢大学前 / こまざわだいがく). Nehmen Sie den “Park Exit” von dort, der auf die Jiyû Dōri (自由通り / じゆうどおり) führt (wenn Sie die auf dem Bild zusehende Szenerie erblicken, nach rechts abbiegen)
– nach weniger als 15 Minuten Gehzeit in südlicher Richtung erreichen Sie den östlichen Eingang zum Komazawa Park, direkt auf der Ostseite des Sportstadions.