Okinawa – Shuri-jō – 沖縄・首里城

Wo Japan gar nicht so japanisch ist

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Okinawa – Shuri-jō (沖縄首里城)

Okinawa – Shuri-jō (沖縄首里城)

Für uns sind die Inseln von Okinawa so selbstverständlicher Teil Japans, dass wir uns gar nicht bewusst machen, dass diese erst vor nicht mal 150 Jahren Teil des damaligen japanischen Kaiserreiches wurden. Bis dahin waren das Archipel der Ryūkyū-Inseln für ungefähr 450 Jahre ein mehr oder weniger selbständiges Königreich, das mindestens ebenso starke Verbindungen nach China unterhielt und lange Zeit auch Tribut nach China zu entrichten hatte (ohne jedoch jemals von China besetzt worden zu sein). Ab dem frühen 17. Jahrhundert wird allerdings die Einflussnahme Japans immer stärker.

Mit der Eingliederung Okinawas in den japanischen Staat (in Schritten von 1871 bis 1879) gingen zunächst auch Teile der inseltypischen Kultur verloren. Spätestens seit den heftigen Kämpfen um die Inseln im 2. Weltkrieg und der anschließenden Besetzung durch US-amerikanische Truppen hat sich das Gesicht der Inseln stark gewandelt. Am stärksten betroffen ist die Hauptinsel der Archipels, Okinawa, die heute der ganzen Inselkette ihren Namen gibt. Naha, die Hauptstadt der Präfektur Okinawa, liegt hier – und auch heute noch mehrere US-amerikanische Militärbasen, denen beileibe nicht alle Einwohner freundschaftlich gegenüber stehen. Die Stadt kann auch bei einigem Wohlwollen als selbst für japanische Verhältnisse ziemlich hässlich bezeichnet werden. Das liegt nicht nur daran, dass es der Stadt (wie die meisten japanischen Städte) an einem erkennbaren Maß an Stadtplanung mangelt und daran, dass US-amerikanische Siedlungsansprüche und japanischer Städtebau keine besonders harmonische Symbiose eingehen. Viel vom optischen Eindruck der Stadt ist auch dem tropischen Klima geschuldet, das modernen Baumaterialien (sprich: Stahl und Beton) nun mal besonders zusetzt.

Mit ca. 320.000 Einwohnern ist Naha gleichzeitig auch die größte Stadt der Inselkette (sprich: ein gutes Fünftel der Bewohner der Präfektur Okinawa leben in Naha).

Dies nur vorab, damit nachher keine fragende Augen auf den Bildschirm starren und sich der geneigte Leser darüber wundert, dass in Okinawa einiges eben doch ein bisschen anders aussieht, als im Rest Japans. Das hier zu zeigende Schloss von Naha, d.h. Schloss von Shuri bildet da keine Ausnahme.

Shuri-jō (首里城)

Shuri-jō (首里城)

Was heute ein Stadtteil Nahas ist, war früher einmal eine eigenständige Stadt, mehr noch: die Hauptstadt des Inselkönigreiches: Shuri. Die hiesige Schloss- und Burganlage ist Weltkulturerbe der UNESCO und geht auf Befestigungsursprünge des späten 14. Jahrhunderts zurück. In seiner wechselvollen Geschichte brannte das Schloss Shuri (首里城 / しゅりじょう) mehrfach nieder (z.B. 1453, 1660, 1709 und zuletzt während der Kämpfe um Okinawa im Jahre 1945 – und gerade unlängst erst wieder, am 31. Oktober 2019 aus Gründen, die bisher ungeklärt sind), wurde aber immer wieder aufgebaut und dabei auch oft erweitert. Es gilt als die größte Befestigungsanlage auf den Inseln.

Während nach dem Kriege zunächst die Universität von Okinawa hier angesiedelt worden war, wurde das Shureimon (守礼門 / しゅれいもん) 1958 als erstes Bauwerk auf den Burgmauern rekonstruiert (es befand sich während meines Besuches allerdings im Zustand der erneuten Restauration und war deswegen nicht zu sehen). 1992 folgte das Hauptgebäude des Schlosses, was dann auch Anlass war, die Anlage zumindest teilweise wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Shuri-jō (首里城)

Shuri-jō (首里城)

So wird auch heute noch die Burganlage Stück für Stück wiederhergestellt und damit auf ihre ursprünglichen Ausmaße erweitert. Aber schon ohne die (überwiegend hölzernen) Gebäude, die in den letzten Jahrzehnten neu erstanden sind, ist diese Burg atemberaubend. Nur hier in Okinawa kann sich Japan mit derart kunstvoll und harmonisch geschwungenen Befestigungsmauern schmücken, die im neuen Zustand fast schneeweiß strahlen, aber schon nach einigen Jahren des Ringkampfes mit den Naturgewalten anthrazit-schwarz wirken.

Shuri-jō, Sonohyan-utaki (首里城・園比屋武御嶽)

Shuri-jō, Sonohyan-utaki (首里城・園比屋武御嶽)

Gewöhnlich betritt man die Burg- und Schlossanlage durch das oben genannte Shureimon (守礼門 / しゅれいもん) und kommt linker Hand am steinern Tor, Sonohyan-utaki (園比屋武御嶽 / そのひゃんうたき) (das auch Weltkulturerbe ist) vorbei, bevor man über das „Tor der vergnüglichen Zusammenkunft“* (Kankai-mon / 歓会門 / かんかいもん) in die eigentliche Festungsanlage vordringt. Eine weite, geschwungene Treppe führt hinauf zum Zuisen-mon (瑞泉門 / ずいせんもん), das über einen kleinen Zwischenhof hinauf zum Wasseruhr-Tor* (Rōkoku-mon / 漏刻門 / ろうこくもん)und zum Kern der Burg und damit der eigentlichen Schlossanlage führt. Was hier wie die Aufzählung einiger Tornamen klingt, führt allerdings bereits in die ganz besondere Welt dieser Burg – hier ein bisschen zu verweilen, lohnt sich allemal.

Shuri-jō, Kankai-mon (首里城・歓会門)

Shuri-jō, Kankai-mon (首里城・歓会門)

Shuri-jō, Kankai-mon (首里城・歓会門)

Shuri-jō, Kankai-mon (首里城・歓会門)

Shuri-jō, Zuisen-mon (首里城・瑞泉門)

Shuri-jō, Zuisen-mon (首里城・瑞泉門)

Shuri-jō, Kyūkei-mon (首里城・久慶門)

Shuri-jō, Kyūkei-mon (首里城・久慶門)

Shuri-jō, Kankai-mon, Kyūkei-mon (首里城・歓会門・久慶門)

Shuri-jō, Kankai-mon, Kyūkei-mon (首里城・歓会門・久慶門)

Erst am Zugang zum inneren Bereich des Schlosses sind Eintrittskarten zu lösen, die im „Tor des weiten Glücks“* (Kōfuku-mon / 広福門 / こうふくもん) erstanden werden können. Alle anderen Bereiche der Burg sind frei zugänglich. Allerdings gehört ein Besuch der Hauptgebäude rings um den prächtigen Schlosshof (Una / 御庭 / うなー) ganz einfach dazu, wenn man schon mal hier ist…. Man betritt diese über das Tor der Götterverehrung* (Hōshin-mon / 奉神門 / ほうしんもん) und blickt direkt auf das eindrucksvollste und sicher auch prächtigste Gebäude des ganzen Schlosses, die Haupthalle (Seiden / 正殿 / せいでん). Schon die Fassade des dreistöckigen Gebäudes ist mit ihrem kräftigen Rot und den reich verzierten Reliefen und dem prunkvoll wirkenden Gold absolut sehenswert. Die beiden Drachen-Säulen rechts und links des Seiden wirken niedlich – sind aber lockere vier Meter hoch.

Shuri-jō, Kōfuku-mon (首里城・広福門)

Shuri-jō, Kōfuku-mon (首里城・広福門)

Shuri-jō, Una, Seiden (首里城・御庭・正殿)

Shuri-jō, Una, Seiden (首里城・御庭・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Aber zunächst einmal betritt man die Gebäude über den Eingang des einstöckigen Bandokoro (番所 / ばんどころ), in dem, wie im zweistöckigen Nanden (南殿 / なんでん), ein Museum die bewegte Geschichte des Schlosses und der Königsdynastien dokumentiert. Auch wenn diese Gebäude und damit die Ausstellungsräume neueren Datums sind, entspricht ihre Einrichtung doch eher „traditionellem“ Museumsgeschmack (um es mal freundlich auszudrücken).

Vorbei am ehemaligen Studier- und Arbeitszimmern des Königs und des Prinzen gelangt man schließlich in die Innenräume des Seiden mit den offiziellen Räumlichkeiten für Zeremonien und andere politische Anlässe im 1. Stock. Wenn man glaubt, hier schon die Grenzen der Prächtigkeit zu erleben, wird man ein Stockwerk höher im Usasuka (御差床 / うさすか), den man auch als Thronsaal bezeichnen könnte, eines Besseren belehrt. Bescheidenheit war hier wohl fehl am Platze. Aber wir sind ja auch bei Königs zu Hause… Bei dem überaus prächtigen Thron, der heute zu sehen ist, handelt es sich um einen Nachbau des Throns des Königs Sho Shin, der von 1477 bis 1526 regiert hatte.

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden, Königskrone (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden, Königskrone (首里城・正殿)

Im zweiten Stock befinden sich allerdings auch die Gemächer der Königin. Und das dritte Obergeschoss dient in erster Linie der Belüftung des Hauptgebäudes.

Nach Verlassen des Seiden bietet es sich an, entweder die Weite des Innenhofes des Schlosses zu genießen oder sich die weiteren Ausstellungen in der benachbarten Nordhalle (Hokuden / 北殿 / ほくでん) anzuschauen. Besonders lohnend: Die beiden Miniaturen des Schlosses in denen festliche Zeremonien, z.B. bei der Ankunft von Gesandtschaften, nachgestellt werden. Wer sich bei diesen Modellen an Szenen aus der Verbotenen Stadt in Peking erinnert fühlt, darf sich nicht wundern – die kulturellen Wurzeln lassen sich nun mal nicht verleugnen.

Shuri-jō, Seiden, Miniatur (首里城・正殿)

Shuri-jō, Seiden, Miniatur (首里城・正殿)

Für die Besichtigung des Shuri-jō sollten Sie sich mindestens 1 ½ Stunden Zeit nehmen – wer sich für die einzelnen Ausstellungsstücke interessiert, wird aber zweifelsohne ein Mehrfaches dieser Zeit, wenn nicht gar mehrere Besuche benötigen, um sich wenigstens einen groben Überblick zu verschaffen.

Shuri-jō, Hokuden (首里城・北殿)

Shuri-jō, Hokuden (首里城・北殿)

Wie man hinkommt: 

Mit der Monorail bis zur Station „Shuri“, und von dort mit dem Bus Nr. 8 zur Bushaltestelle „Shurijo-mae“) direkt zu Füßen des Schlosses.
Die Monorail kostet z.B. vom Flughafen Naha bis zur Station Shuri für Erwachsene 320 Yen und für Kinder 160 Yen.

Wer mit dem PKW anreist wird in das gigantische Suimuikan-Parkhaus direkt unterhalb der Burganlage gebeten (Parkgebühr je nach Kfz-Größe 310 bis 940 Yen).

Öffnungszeiten:

April bis Juni: 8.30 Uhr bis 19 Uhr (letzter Einlass: 18.30 Uhr)
Juli bis September: 8.30 Uhr bis 20 Uhr ( letzter Einlass: 19.30 Uhr)
Oktober bis November: 8.30 Uhr bis 19 Uhr (letzter Einlass: 18.30 Uhr)
Dezember bis März: 8.30 Uhr bis 18 Uhr (letzter Einlass: 17.30 Uhr)

Eintrittsgebühren:

Erwachsene: 800 Yen
Schüler der Oberstufe: 600 Yen
Grundschüler und Schüler der Mittelstufe: 300 Yen
Kinder bis einschl. 6 Jahren: frei

Reduzierte Gruppenpreise gelten für Gruppen ab 20 Personen.

Und falls Sie innerhalb eines Jahres mehr als zweimal das Shuri-jō besichtigen möchten, kaufen Sie sich gleich eine Jahreskarte (die kostet nämlich in allen Preisklassen nur das Zweifache des normalen Eintrittsgeldes und ist innerhalb von fünf Minuten ausgestellt).

Sonstiges:

Rollstühle können übrigens am Informationsschalter im Suimuikan, dem Informationszentrum und Rastplatz unterhalb der Burganlage, kostenlos ausgeliehen werden.

Und denken Sie daran, dass Hunde oder Katzen nicht mit in die Bereiche mitgebracht werden dürfen, die nur gegen Entrichtung einer Eintrittsgebühr betreten werden dürfen.

* Diese Übersetzungen sind nicht gar zu ernst zu nehmen, da sie mehr eine Spielerei mit der Bedeutung der Schriftzeichen sind, als amtlichen Übersetzungen entsprechen.

2 Responses to Okinawa – Shuri-jō – 沖縄・首里城

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